von LALA » Donnerstag 26. Januar 2012, 17:51
"MirrorLink" macht Fahrzeugdisplays zu Dienern der Smartphones
Der Automobilzulieferer Valeo hat mitgeteilt, die MirrorLink-Technologie vorantreiben zu wollen, die es Autofahrern ermöglicht, das große Display in der Instrumententafel als eine Art Terminal für ihr Smartphone zu benutzen. V. ist zwar nur eines von vielen Unternehmen innerhalb des "Car Connectivity Consortiums" (CCC), das den Standard entwickelt.
MirrorLink ist die Markenbezeichnung einer Technik, die ursprünglich schlicht "Terminal Mode" hieß. Zur Pkw-IAA 2011 teilte das Car Connectivity Consortium mit, dass die CCC-Norm "Terminal Mode 1.0.1" zu "MirrorLink 1.0.1" umbenannt wurde - eineMaßnahme, die der Markenbildung dient. Zur IAA 2011 stellten mehrere Unternehmen MirrorLink-Lösungen vor, zum Beispiel Nokia, Alpine und Panasonic.
Das Smartphone als Server
Die Begriffe Terminal Mode und MirrorLink illustrieren, was der Standard leisten soll: Die Inhalte eines Smartphones werden per USB oder drahtlos auf das Fahrzeugdisplay "gespiegelt". Dabei werden allerdings einige Anpassungen vorgenommen, die für die Bedienung im Fahrzeug sinnvoll erscheinen - schließlich kann kein OEM ein Interesse daran haben, dass etwa während der Fahrt mit E-Mails hantiert wird. Außerdem ist die Anbindung an vorhandene, fahrzeugseitige Bedienelemente möglich - und die vorhandene Sensorik, etwa Beschleunigungs- und Gierratensensoren, kann den Applikationen auf dem Smartphone zur Verfügung gestellt werden.
Ein Vorteil von MirrorLink besteht darin, dass im Fahrzeug im Prinzip nur ein Display mit geeigneter Schnittstelle erforderlich ist. Ein offensichtlicher Nachteil ist, dass der OEM oder Tier-1-Zulieferer die Kontrolle über Funktionalität und Bedienerschnittstelle stärker aus der Hand gibt, als es ihm vielleicht recht ist. Denn das "Spiegeln" bedeutet de facto, dass das Design des HMI auf dem Smartphone vorgegeben wird und nicht vom Fahrzeug - ein etwas ungewohnter Gedanke. Im Übrigen eröffnet MirrorLink praktisch alle Möglichkeiten, die dezidierte Fahrzeuglösungen auch bieten. Aufgrund der Verlagerung der Applikation auf die Smartphones ist zudem vorstellbar, dass fahrzeugspezifische Apps schneller entstehen können, als es bei OEM-eigenen Lösungen zu erwarten wäre.
Auch wenn Nokia bei der Smartphone-Anbindung noch Vorreiter ist: Eine Beschränkung auf ein bestimmtes Betriebssystem ist vom CCC nicht vorgesehen, obwohl der Terminal Mode ursprünglich eine Idee des Nokia Research Centers war. Von Anfang an aber sei der Standard übergreifend angelegt gewesen, was schließlich in der Gründung des Konsortiums mündete. Mittlerweile gehören viele namhafte Unternehmen zum Car Connectivity Consortium. Gründungsmitglieder sind die Firmen Alpine, Daimler, GM, Honda, HTC, Hyundai, LG Electronics, Nokia, Panasonic, PSA, Samsung, Toyota und Volkswagen. "Core Members" sind Aisin, BT Software and Research, BMW, Clarion, Delphi, Denso, Fiat, Fujitsu Ten, Ixonos, jambit GmbH, KDDI, Mitsubishi Electric, Motorola Mobility, Pioneer, RealVNC, Renesas Electronics Corporation, Sony Corporation, Sony Ericsson AB, Valeo. Dazu kommt eine Reihe von so genannten "Adopters", die von den Entwicklungsergebnissen profitieren, aber nicht zu den "Entscheidern" gehören. Derzeit handelt es sich dabei um Garmin, Hyundai Mobis, MDS Technology, Renault, Skypine und Tokai Rika.
Erste Produkte im Markt
Zur IAA 2011 zeigten einige Anbieter, wie sie sich die Umsetzung von MirrorLink vorstellen. Nokia stellte den "Nokia Car Mode" vor, der als Applikation auf diversen Smartphones des Herstellers installiert werden kann. Er fasst Funktionen des Smartphones so zusammen, dass sie für Autofahrer geeignet sind. Alpine präsentierte die physische Gegenseite des Konzepts in Form des ICS-X8, einem Doppel-DIN-Nachrüstgerät, das ähnlich wie Werkslösungen ein großes zentrales LCD zu bieten hat. Das ICS-X3 ist bereits auf dem Markt erhältlich, ebenso wie einige damit kompatiblen Smartphones von Nokia. Als erster OEM wird Toyota voraussichtlich im März auf dem Genfer Automobilsalon eine MirrorLink-Lösung für den IQ vorstellen, die in Zusammenarbeit mit Panasonic entstand. Das Produkt namens "Toyota Touch Life" wird einen AM/FM-Empfänger besitzen und darüber hinaus die Funktionen spiegeln, die von einen Smartphone zur Verfügung gestellt werden.
Wie MirrorLink von den Kunden angenommen wird, ist aus Sicht von Automobilzulieferern und OEMs nicht ohne Weiteres voraussehbar. Zunächst gibt es ganz banale Einschränkungen: Wer sein Smartphone nicht dabei hat, muss bei diesem Konzept zum Beispiel auf eine Navigation verzichten. Das Konzept birgt außerdem zumindest vordergründig betrachtet die Gefahr, dass die OEMs die Kontrolle über das HMI-Design nicht im erforderlichen Maße behalten. Andererseits spricht zumindest aus technischer Sicht nichts dagegen, dass die Gestaltung von Apps herstellerspezifisch erfolgen könnte.
MirrorLink beruht nach Darstellung des CCC auf einem Satz eingeführter und nicht-proprietärer Protokolle. Es verwendet IP-Technologien, um unabhängig vom Verbindungsverfahren gleichermaßen funktionieren. Die Verbindung kann nicht nur über USB erfolgen, sondern auch über Bluetooth und WLAN. Kernfunktion ist das Spiegeln der Bildschirminhalte, weswegen das Konzept zunächst Terminal Mode hieß. Wie man es etwa vom MP3-Streaming im Heimbereich kennt, wird zudem UPnP (Universal Plug and Play) eingesetzt, um den Zugang zu einigen vordefinierten Applikationen zu gewähren.
Jederzeit "connected" - auch im Auto
Zulieferern kommt im CCC eine interessante Aufgabe zu: Zwischen Automobilherstellern und Produzenten von Kommunikationselektronik könnten sie zu einer Art Vermittler werden, damit bei der Spezifikation der Protokolle und der Bedienerschnittstelle die Anforderungen beider Seiten berücksichtigt werden. Seinen Beitritt zum Konsortium begründet Valeo so: " V. wird (im CCC) dabei helfen, schnell neue Lösungen zu entwickeln, die dem Autofahrer eine nahtlose, sichere und einfache Nutzung des Smartphones ermöglichen. MirrorLink ist die Antwort auf den Trend, dass Menschen möglichst ständig mit ihrem Umfeld in Verbindung bleiben wollen - auch im Auto".
Autor: Gernot Goppelt
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